Die alleinige Positionierung von Hörer und Schallquellen enthält jedoch noch keine raumakustischen Aspekte. Aus dem Gehörten schließt man aber auch auf die Umgebung zurück. Sprache klingt zum Beispiel in der Dusche anders als in einer Konzerthalle. Der Schall wird an Wänden und Objekten teilweise reflektiert und trifft dadurch verzögert beim Hörer ein. Je nach Einfallswinkel und reflektierendem Wandmaterial wird er zudem spektral verändert. Außerdem dämpft ihn die Reibung der schwingenden Luftmoleküle. Wollte man das Schallfeld exakt berechnen, müßte seine physikalische Beschreibung, die entsprechende Wellen - beziehungsweise Differentialgleichung gelöst werden, was meist nicht explizit, sondern nur numerisch möglich ist. Doch wäre dafür der Rechenaufwand zu hoch, als daß er sich mit heutigen Mitteln in akzeptabler Zeit bewältigen ließe. Nimmt man aber an, daß die Wellenlänge des Schalls klein gegenüber den linearen Abmessungen der reflektierenden Flächen und groß gegenüber deren Rauhigkeiten ist, ergibt sich aus der Wellengleichung als einfachere Darstellung, die geometrische Akustik. Wie in der Optik das Licht, modelliert man Schall darin als einen von der Quelle ausgehenden Strahl, der sich geradlinig ausbreitet und an Flächen reflektiert wird, wobei auch hier der Einfalls- gleich dem Ausfallswinkel ist. Zwar trifft die Grundannahme bei hörbarem Schall mit Wellenlängen von etwa zwei Zentimetern (ca. 16 kHz) bis acht Metern (ca. 40 Hz) so gut wie nie zu, doch liefert das Verfahren trotzdem brauchbare Ergebnisse. Effekte der Wellenausbreitung wie Streuung und Beugung vermag man damit allerdings nicht zu beschreiben. Zur Simulation könnte man von der Quelle Schallstrahlen oder andere Formen wie etwa Kegel ausgehen lassen und ihren Weg verfolgen (Ray Tracing Methode). Alle Strahlen, die nach einer oder mehreren Reflexionen auf den Hörer treffen, wären bei der Darbietung zu berücksichtigen. Auch diese Strahlverfolgung ist aber noch so rechenintensiv, daß zur Zeit statt dessen das sogenannte Spiegelschallquellen-Verfahren eingesetzt wird. Die akustischen Wirkungen einer Wand - also Reflexion und Dämpfung - lassen sich nachahmen, indem man die primäre Schallquelle spiegelt, wie auch durch Reflexion von Licht an einer spiegelnden Oberfläche hinter ihr scheinbar ein Abbild seiner Quelle entsteht. Die Spiegelschallquelle wird als sekundäre Schallquelle erster Ordnung bezeichnet. Mehrfache Reflexionen ergeben sekundäre Schallquellen höherer Ordnung. Ihre Signale errechnen sich aus denen der Primärquelle durch lineare Filterung, wobei deren Koeffizienten Einfallsrichtung, materialabhängige Reflexionseigenschaften der Wände, Dämpfung im Ausbreitungsmedium und die Richtcharakteristik der Quellen modellieren. Das hörbare Schallsignal ergibt sich aus der Verteilung der Sekundärquellen und der Position des Hörers. Bei dieser sogenannten Auralisierung behandelt man die Spiegelschallquellen technisch mit dem gleichen Verfahren wie die primäre Quelle. Man ermittelt also jeweils die relative Lage zum Hörer und wendet die der Einfallsrichtung entsprechenden Außenohr-Impulsantworten an. Da sich der Benutzer in der virtuellen Umgebung frei zu bewegen vermag, ist bei jeder Positionsänderung eine neue Spiegelschallquellen-Verteilung zu berechnen und sind die Auralisierungsparameter anzupassen. Damit das Hörerlebnis räumlich und zeitlich konsistent wirkt, muß dies so oft und schnell geschehen, daß die Verzögerung zwischen einer Aktion und der zugehörigen Adaption der Kopfhörersignale nicht wahrgenommen wird. Die psychoakustische Schwelle dafür liegt im Bereich von einigen Millisekunden, was hohe Anforderungen an Hardware und Algorithmen stellt.